Baum_Sonne

Nachrichten vom liedersaenger

So viele Möglichkeiten 

Über das Burnout-Risiko bei der Hausarbeit und über zweckfreies Spielen.

Ich gehöre zu einer schon viel zu lange unbeachteten Minderheit, nämlich zu jenen Menschen, die gar keine besondere Beziehung zu ihrem Staubsauger unterhalten. Ich besitze einen, ja, aber da meine Frau auch einen hat, lagerte ich meinen seinerzeit auf dem Dachboden ein. Es handelt sich um einen recht raumfordernden Kesselsauger, der auch Flüssigkeiten aufsaugen kann. Es ist noch mein erster Staubsauger, den mir meine Mutter bei Quelle bestellt hat. Beutel gibt es dafür nicht mehr, weshalb ich zuletzt nur noch sehr sparsam gesaugt habe. Überhaupt bin ich der Meinung, dass Hausarbeit letztlich auch nur Arbeit ist, in die man sich nicht hineinsteigern darf, weil sonst unausweichlich ein Burnout droht. Ob es nun um fensterputzen, staubsaugen oder abwaschen geht - hier extra klein geschrieben - , gilt es immer, den Ball flach zu halten. Wenn man irgendwann einmal nachts aufwacht und sich selbst laut „Staubsauger“ sagen hört, muss man in die Sprechstunde.  

Obwohl unser Sohn von Seiten seiner Eltern nun keineswegs vorbelastet ist, zeigt er doch eine recht ausgeprägte einschlägige  Symptomatik. Obwohl er das Wort „Staubsauger“ wegen der Zischlaute noch gar nicht aussprechen kann, erwachte er doch mitten in der Nacht, laut das synonyme Ersatzwort skandierend. (Es lautet in der kurzen Variation „Koppa oder Kauppa“, lang „Kaup-Jauger“.) Außerdem vernachlässigte er die Mahlzeiten für die Beschäftigung mit dem Haushaltsgerät. Ich fürchtete schon, er würde das Ding mit ins Bett nehmen, was er gewissermaßen ja auch getan hat. Mit alledem ließe sich ja noch gut leben, wenn das Kind nun tatsächlich auch staubsaugen würde. Das ist aber nicht der Fall. Es verhält sich eher so, dass die Mama hinzugezogen wird, um das Gerät mehr oder weniger bestimmungsgemäß einzusetzen. Tatsächlich einschalten darf sie es freilich nicht. Das entsprechende Geräusch muss mit dem Mund erzeugt werden. Das wäre auch alles noch nicht so schlimm. Nur, wenn die Mama nicht da ist, soll ich auf einmal einspringen. Und da hört sich dann ja wohl alles auf!



Bei mir ist das so: Ich beschäftige mich gern mit allen möglichen Sachen, aber nur, solange die Beschäftigung zweckfrei ist. Sobald irgendetwas Nützliches dabei herauskommen soll, bin ich raus. Als Kind konnte ich stundenlang Uhren oder Radios auseinandernehmen, aber natürlich nicht wieder zusammensetzen. Meinem Kind habe ich jetzt gezeigt, wie man den Staubsauger mit dem Küchenmixer verbinden kann. Wozu das gut sein soll, wissen wir beide nicht, nur, dass es gemacht werden muss. Und es gibt noch so viele Möglichkeiten. 

Veröffentlicht in Elternzeit  am 18.09.2021 4:00 Uhr.

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copyright: liedersaenger

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