Nicht unbedingt

Es hilft ja nichts, nach den Weihnachtsfeiertagen einfach auf Waage und Spiegel zu verzichten. Neue Laufschuhe könnten dagegen schon helfen. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen. 


Das Reisefieber kommt wieder. Ich habe mir den neuen „Zeit-Reisen“-Katalog schicken lassen. Als ich schon nicht mehr damit gerechnet hatte, lag er prompt im Briefkasten. Ich hatte ihn bestellt, weil bei Buchung bis zum 31. Januar ein Gutschein von 100 EUR winkte. Sage und schreibe. Da Auslandsreisen in Pandemiezeiten ja doch noch ein bisschen exotisch anmuten, fiel mein Blick auf das Angebot Schorfheide und Darß. Für schlappe 1395 EUR wäre man 6 Tage lang dabei. Ich erinnere mich noch gut an unseren letzten Urlaub auf dem Darß im Jahr 2019, aber soviel Geld haben wir zu zweit nicht für zwei Wochen ausgegeben. Auch mit einem Abstecher über die Schorfheide hätten wir das nicht geschafft. Gut, wir hatten Haralds alten Bus, in dem wir ein paar Nächte gut und für lau geschlafen haben. Aber eine Woche Ferienwohnung war auch dabei. Aber was soll’s? „Zeit-Reisen“ sind eben nicht unsere Preisklasse. 

Eigentlich wollten wir ja mit dem Geld, das uns die Hochzeit eingebracht hat, ein Wohnmobil mieten. Die Sache ist noch nicht vom Tisch und das Geld ist auch noch da. Wir könnten umherreisen und das Kind müsste sich, einmal eingewöhnt, nicht ständig umstellen. Damit er drinnen schön schlafen kann, während wir noch draußen sitzen, müsste es schön warm sein und es sollte abends nicht regnen. Ich würde mir neue Laufschuhe kaufen und damit, sobald wir endlich wieder im Flachland angekommen sind, jeden Tag rennen gehen. Ich würde zum Bäcker rennen oder zum Strand und wieder zurück. Das geht natürlich nur, wenn wir einen Stellplatz mit entsprechenden Sanitäreinrichtungen haben. Oder ein Wohnmobil mit Dusche. 

Allerdings kann ich mir nicht richtig vorstellen, in einer Wohnmobil-Dusche zu duschen. Vermutlich ist es da drin so eng, dass ich einen klaustrophobischen Anfall kriege und alles kurz und klein schlage. Man muss auch Glück haben und ein halbwegs praxistaugliches Modell erwischen. Es gibt zum Beispiel Kloduschen, bei denen man daran denken muss, vor dem Duschen das Klopapier rauszulegen, wenn es trocken bleiben soll. Aus anderen ragt der Kopf normal gebauter Männer oben heraus, so dass man sich nur von der Schulter abwärts mit Wasser benetzen könnte, ohne das ganze Fahrzeug zu fluten. Aber vielleicht brauchen wir auch gar keine Dusche, weil wir an einem verträumten Waldsee stehen, in den sich aus Salzgrotten ein kleiner Katarakt ergießt. Oder ich lasse die neuen Laufschuhe weg und kaufe von dem Geld endlich wieder Hefeweizen. Danach muss man nämlich nicht unbedingt duschen. 

Veröffentlicht in Elternzeit am 21.01.2022 21:00 Uhr.

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