Baum_Sonne

Nachrichten vom liedersaenger

Väter auf dem Spielplatz

Oder: Der lange Weg in den Kindergarten. 


Ich kann mich über das Schlafbedürfnis unseres Kindes nicht beklagen. 
Er schläft ganz gern und auch recht lange, vorausgesetzt ich liege neben ihm. Zur Untätigkeit gezwungen, verbringe ich so wieder Stunde um Stunde auf meiner alten Couch. Nur darauf können wir zusammen liegen. Ins Kinderbett passe ich ja nicht hinein. Das kann man nun beklagen oder darüber verzweifeln. Oder man kann es genießen. Ich entscheide mich für das Letztere. 
Lass den Satan wittern,
lass den Feind erbittern – ich habe Besseres zu tun. 
Tobe Welt und springe
Ich liege hier und singe
In gar sicherer Ruh .
Falls mich mal irgendwann wieder rastlose Geschäftigkeit ergreifen sollte, will ich mich daran erinnern, dass es einmal nichts Wichtigeres gab als mein Kind in den Schlaf zu liegen. Und dabei nichts zu tun, denn nur dann schläft er wirklich ein. Das kann ich auch am besten. An alles andere aus diesem Vaterjahr möge sich das Kind bitte nicht erinnern. 

Heute ist der Testtag für den Weg zum Kindergarten. 
Wir verlassen die Wohnung um 9:00 Uhr. 
Schuhe anziehen, in den Kinderwagen setzen: 9:15 Uhr. 
9:22 Uhr: unterwegs, erste Anzeichen von Ungeduld beim Kind. 
9:30 Uhr: Schnauf, Papa, Schnauf. Es geht den Berg hinauf. 
9:35 Uhr: Ankunft. 
Der Kindergarten sieht verlassen aus, aber es gibt zum Glück einen öffentlichen Kinderspielplatz nebenan mit Wippe und Rutsche, um den Bewegungsdrang des einzig anwesenden Kindes zu befriedigen. Vor dem Kindergarten erscheinen jetzt doch sechs kleine Kinder. Sie führen drei Erwachsene an der Hand, gehen aber am Kinderspielplatz vorbei und schauen nicht rein. Es soll ja Städte geben, da begegnet man auf Spielplätzen anderen Vätern mit ihren Kindern. Während die Kleinen schön zusammen spielen, tauschen sich die Väter aus und geben sich nützliche Tipps zur Erziehung von Katzen. („Es ist ganz einfach. Nach drei Tagen machst du, was sie wollen.“) Im Erzgebirge ist das natürlich anders. Wir bleiben schön für uns allein und ich kann mir die Silhouette des Schwarzenberger Schlosses anschauen. Der Turm bringt mich auf eine Idee. 

Auf dem Rückweg passieren wir noch mal die Kulisse für die Filmaufnahmen. Die Schneekanone war noch nicht im Einsatz. Dafür haben sie schönstes Frühlingswetter mit Sonnenschein gemietet. Diese Filmleute! Erst bauen Sie den Weihnachtsmarkt auf und dann lassen Sie es Frühling werden. Vielleicht muss man das Motiv für den Mord am Türmer doch noch mal überarbeiten: er hatte etwas in seinem Turm gebunkert, wollte es aber nicht herausrücken. Es war Hefeweizen, die letzten Kisten aus dem Herbst. 

Veröffentlicht in Elternzeit am 10.02.2022 12:45 Uhr.

Made with Goldfish

copyright: liedersaenger

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