Was sich die Apfelbäume einer anderen Welt am Lagerfeuer erzählen

Beim Schneemann bauen wird dem Autor bewusst, dass er kein Che Guevara mehr wird. 


Manchmal liege ich doch nachts wach und denke: Mann, Mann, Mann. Was soll das noch alles werden? Normal ist das bei mir aber nicht. Normalerweise ist es eben, wie es ist, und dann muss man mal sehen. Aber manchmal kommt auch eins zum anderen und dann wird es schnell mal zu viel. Dabei war die Welt noch nie ein Ort, wo man gerne Urlaub machen würde. Die Welt war vielmehr schon immer das, was wir daraus machen. Und das ist meistens Murks. Zumindest, wenn ich daran beteiligt bin. Mir war völlig klar, dass der Toaster es nicht lange mitmacht, wenn ich in ihm mit der Kuchenzange nach dem Toast stochere.  Alles nur eine Frage der Zeit, bis es mal funkt. Dahinter steht keine böse Absicht. Weder bei mir, noch beim Toaster. Ich will mir halt die Finger nicht verbrennen und so ein Toaster kann eben auch nicht aus seiner Haut. 

Die friedliche Koexistenz ist nun mal eine Illusion. Ob zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Maschine oder zwischen Staaten, irgendwann knallt es. Dann muss man klug damit umgehen. Es wäre verkehrt, jetzt noch mit der Gabel dazwischen zu gehen. Aber was weiß ich schon! Ich muss auf mein Kind achten und sonst gar nichts. Der tummelt sich im frischen Schnee, der sich über Nacht wieder auf die Straße gelegt hat und baut sich einen gleichnamigen Mann. 

Den würde er gern seiner Mutter zeigen, die am frühen Nachmittag von der Arbeit kommt, aber der Schneemann wird die Mittagsstunde wahrscheinlich nicht überleben. Also baut er ihn mitten auf die Straße, wo er vielleicht ein heldenhafteres Ende findet, als in der Sonne dahin zu schmelzen. Die Frage ist eben: will man kurz und intensiv leben, heldenhaft sterben und zur Legende werden oder will man ein langes Leben und letztlich still und leise in Bedeutungslosigkeit und Vergessen verschwinden. Eine Frage, die der Schneemann beantworten müsste. Ob die Welt noch jung genug ist, um zur Legende zu werden, lässt sich von meinem Standpunkt aus schlecht einschätzen. Vielleicht würden die Apfelbäume einer anderen Welt ihre Geschichte am Lagerfeuer erzählen, ginge sie morgen unter. Bei mir selbst würde ich jedenfalls sagen: der Zug ist abgefahren. Gott sei Dank!

Veröffentlicht in Elternzeit, Weltgeschichte am 11.02.2022 12:45 Uhr.

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