Baum_Sonne

Nachrichten vom liedersaenger

Gute Nacht

Nach dem Wochenende ist vor dem Wochenende und die Vorfreude ist das beste daran!


Man kann nicht sagen, dass einem bei der Erzgebirgsbahn  für sein Geld nichts geboten werde. Spannung, Nervenkitzel aber durchaus auch Humor gehören zu den Zutaten, mit denen die wackeren Erzgebirger ihre Eisenbahn attraktiv machen, wenn sie schon kein W-Lan im Zug haben. Heute stand zusätzlich noch Verwirrung auf dem Programm. Ganz individuell kommt bei mir hinzu, dass ich erst ganz langsam wieder die Algorithmen aktivieren muss, die zwar noch alle gespeichert aber doch auch ein wenig eingeschlafen sind. Außerdem muss verschüttetes Wissen wieder aufgefrischt werden. Zum Beispiel wollte mir die Adresse meines Arbeitsplatzes nicht mehr einfallen. Zu den morgendlichen Ritualen, die ja Sicherheit vermitteln sollen, gehörte nun auch das Lauschen auf die an unserem Haus vorbeifahrende Bahn. Ein Geräusch, das sich zur festgesetzten Zeit ereignen muss, damit der Start in den Tag gelingt. Heute früh blieb es aus. Die Bahn fuhr nicht vorbei. Wenn sie nicht vorbeifährt, kann sie nach den Gesetzen der Logik auch nicht wieder zurück kommen. Und wenn sie nicht zurück kommt, kann ich nicht einsteigen. 

Wäre jetzt Winter, wäre ich gleich zu Hause geblieben. Da wir aber Frühling haben, ging ich los, hinaus ins Ungewisse. An der Treppe zum Gleis hörte ich einen Zug einfahren. Ich stürzte hinauf und kam rechtzeitig zur Bahn, die vorbeifahren muss und in die ich folgerichtig nicht einsteige. Ich ließ sie fahren und mein Blick fiel auf den Fahrtrichtungsanzeiger. Dort stand: „Gute Nacht“. Immerhin kam die Bahn dann mit Verspätung zurück, immer noch als „Gute Nacht“ und jetzt konnte ich einsteigen. Den erzgebirgischen Busfahrern muss man zugute halten, dass sie bis zu fünfzehnminütige Verspätungen locker wieder herausfahren. Ich sitze dabei im Fond des Wagens und versuche diese Zeilen zu schreiben, wobei mir immer wieder die Schreibmaschine von den Knien rutscht. Es könnte gut sein, dass der Schienenersatzverkehr nur eingerichtet wurde, weil die Bahnen immer soviel Verspätung hatten. 

Unser Kind hat seinen ersten langen Kindergartentag mit Bravour hinter sich gebracht. Er stand gut gelaunt auf dem Hof, als ich ihn mit dem Fahrrad abholen kam und hatte es gar nicht eilig, von dort wieder weg zu kommen. Schließlich ließ er sich doch überreden, mitzukommen. Als er dann festgeschnallt in seinem Kindersitz saß, seufzte er herzhaft, lachte mich an und sagte: „Und jetzt ist Wochenende!“. Und ich sagte: „Gute Nacht!“ 

Veröffentlicht in Elternzeit am 03.05.2022 12:19 Uhr.

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copyright: liedersaenger

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